Trends im (online) Marketing

Das Internet hat das Marketing entscheidend verändert. Dass die Suche nach dem Handwerker nicht mehr im Bekanntenkreis anfängt sondern im Internet muss ich keinem erzählen. Diese Entwicklung hat, wie alles auf der Welt, zwei Seiten.

Die positive – die Anbietenden haben einige neue Kanäle bekommen, über die die ihre Waren anbieten können. Der Maschinenbauer muss nicht bis zur Fachmesse warten, um seine neuesten Produkte zu präsentieren; die postet er in seiner Instastory und seine Kunden, Interessenten und Mitbewerber wissen Bescheid.

Die negative – die neuen Kanäle erzeugen Abhängigkeiten. Wer bei Google nicht gut rankt, muss sich seine Reichweite einkaufen. Besonders leichtgläubige Unternehmen werfen Unsummen für Adds den Internetriesen in den Rachen um die Leads auf 20 Jahre alte Startseiten zu leiten.

Heutige Unternehmen hören nicht an den Landesgrenzen auf, die nutzen die Skaleneffekte um sich immer mehr den Kundenzugang zu sichern. Flixbus, Thermondo, Amazon, Booking.com Verivox, Check24, 1880.com stehen bei dem Endkunden für Reisen, Heizung, Einkaufen, Hotels, Stromverträge, KFZ Versicherung oder Handwerkerservice. Dabei hat keines dieser Unternemen mit der eigentlichen Dienstleistung zu tun. Das machen alles austauschbare Subunternehmer. Deutsche Post, Unitymedia, Hermes und EON, die alle sind darauf spezialisiert, mit Arbitragegeschäften ihr Geld zu verdienen.

Einordnung des Gartenbaus

Nach meiner Beobachtung entwickelt sich die Gartenbranche wie keine andere, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in die Digitalisierung. Es gibt Betriebe, die mit Contentmarketing, Plattformdenken und schlauen Netzwerken die neue Zeit für sich nutzen. Und mir sind Firmen bekannt, die der festen Überzeugung sind, dass die sie mit ihren Prozessen aus dem Zeitalter von Fax und Lieferscheinen auf Durchschlagpapier zukunftsfähig sind.

Die Dienstleistung, die wir (Landschafts)Gärtner bei unseren Kunden verrichten ist komplex. Das ist unser Vorteil gegenüber großen standardisierten Modellen.

Gartenbau ist stark saisonal. Die Fachkräfte, die im Winter Bäume fällen, können es aus Vogelschutztechnischen Gründen nicht im Sommer tun und müssen mit anderen Arbeiten beschäftigt werden. Das kann Formschnitt von Gehölzen sein, Beetpflege oder der eine oder andere Verkehrssicherungsschnitt. Allein diese sich vom Thema ergänzenden Tätigkeiten sind schwer mit dem gleichen Personal abzubilden. Jemand der im Winter in den Kronen rumturnt und Totholz rausschneidet kniet nicht gerne in der Hitze auf einer Verkehrsinsel und macht die Fertigstellungspflege für die Staudenmischung. Diese Amplitude an persönlichen und fachlichen Anforderungen ist sehr schwer abzubilden und stellt eine gewisse Markteintrittsbarriere für neue Marktteilnehmer aus dem globalen Onlinemarketing-Game dar.

Garten und Landschaftsbau ist aus reiner BWLer Sicht wenig sinnvol. Hohe Individualisierung bei den Aufträgen, geringe Magen im Handel, hohe Personalkosten, wenig Automatisierung und starke Abhängigkeit vom Wetter und Jahreszeiten. Trotzdem gibt es Betriebe, die es schaffen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Seit 2014 gehören wir auch dazu und verdienen ganz gutes Geld mit Anlage und Pflege von Privatgärten.

Unser Stärkstes Instrument als Gartenbaubranche für den wirtschaftlichen Erfolg ist der Kundenzugang. Wir haben keine anonymen Kunden, von den wir nur die IP Adresse kennen, wir kennen unsere Kunden persönlich. Wir brauchen keine teuren Marktanalysen, wir brauchen nur zuhören. Kunden erzählen uns von ihren Wehwehchen, Kindern, Haustieren und Nachbarn; wir werden zu Hochzeiten und Beerdigungen eingeladen und einige Kunden bringen meinen Kindern zu Nikolaus Süßigkeiten. Besonders langjährige Kunden bilden den Umsatzkern eines Unternehmens und sind am wenigsten von davon betroffen, ob ein neues soz. Netzwerk für Furore sorgt.

Aspekte der Digitalisierung

Die neuen Technologien sind für uns weitere Werkzeuge, um dem Kunden weitere Nutzen zu liefern.

Erreichbarkeit

Der Wunsch eines jeden Kunden ist, jederzeit die Handynummer des Chefs zu wählen und sofort persönlich betreut werden. Das wünsche ich mir auch, wenn ich bei Herrn Amazon persönlich anrufe und frage wo mein Paket bleibt, er sich in ein Bully setzt und mir das Bestellte schnellstmöglichst bringt. Oder, dass wenn ich ins Krankenhaus gehe, der Chefarzt sich um mich kümmert.

Erreichbar ist nicht gleich sprechbar.

Wir als Garten Janzen sind 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche erreichbar. Nicht persönlich, aber der Kunde oder Interessent kann in dem selben Moment, wo ihm nach Heckenschnitt ist, uns kontaktieren. Hier hilft uns die zeitversetzte Kommunikation. Der Kunde kann jederzeit uns eine Nachricht über WhatsApp, E-Mail, Instagram oder SMS übermitteln. Alle diese (An)Fragen kommen zentral in unser CRM System und werden so schnell wie möglich beantwortet. Das gleiche Verfahren gilt auch für Jobbewerber, aber das ist ein anderes Thema.

Seit vier Wochen nutzen wir wieder unseren Anrufbeantworter. Es ist erstaunlich, wie gut die Zielgruppe der 65+ das Angebot annimmt.

Ein besonderes Phänomen ist WhatsApp. Die Kunden lieben es und wir kommunizieren darüber viel darüber, wenn auch mit dem DSGVO Schwert über der Schulter. Besonders die Möglichkeit Bilder zu verschicken hilft, erste Diagnosen zu Schädlingen, Arbeitumfang oder der Situation vor Ort zu machen und kann sogar Fahrten sparen.

Kennzahlen

Es war noch nie so leicht Daten zu sammeln. Richtige Daten helfen Entscheidungen aus dem Bauch mit Zahlen zu untermauer und weniger teure Fehler zu machen. Beispiel Nachkalkulation pro Kunde. Erlös abzüglich Materialeinsatz plus Lohnkosten ergeben vereinfacht die Rentabilität des Kunden. Rechnet man noch weitere Kennzahlen wie Entfernung vom Betriebshof, Häufigkeit der kostenlosen Besprchungstermine, Zahlungsmoral, Empfehlungsrate und Reklamationshäufigkeit, kann man in einzelnen Fällen feststellen, dass der vermutete Bestkunde gar nicht ein Bestkunde ist sondern viel mehr eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist, die davon abhält sich um die wirklich guten Kunden zu kümmern.

Die genannten Daten fallen bei jeder Geschäftsaktivität an. Gute CRM und ERP Programme dokumentieren das automatisch. Die Kunst besteht darin, die Informationen aufzubereiten und zu sinnvollen Kennzahlen zu verarbeiten.

Soziale Netzwerke

Schaut man sich die sozialen Netzwerke an, wird schnell klar, Facebook ist von der Nutzerzahl das größte. Aber bei weiten nicht das Einzige. Seit dem es das Internet gibt, sind schon einige gekommen und wieder gegangen. Für uns Gärtner und Dienstleister im allgemeinen ist es wichtig wo sich unsere Zielgruppe herumtreibt. Niemand von den Kunden installiert sich extra Telegram um mit mir in Kontakt zu treten. Da wo die Leute mit ihren Enkeln schreiben und Sprachnachrichten austauschen, möchten sie auch ihren Handwerker erreichen. Und wenn es WhatsApp von Facebook ist, dann ist das so. Das entscheidet der Kunde, nicht der Dienstleister.

Eine Besonderheit der neuen Medien ist die Beziehung zwischen Kunde/ Interessen und der Firma/ Marke. Geschäftsleute, die jetzt erst mit Sozialen Medien anfangen, glauben oft: wir lassen ein hübsches Video von unserer Firmenzentrale drehen, bei dem professionelle Sprecher Presserklärungen zur epischer Musik vorlesen und die Kunden rennen die Bude ein. Leider ist es nicht so einfach.

Soziale Medien sind in erster Linie Kommunikationkanäle für soziale Interaktion. Die sind wie Schaufenster, an den tausende vorbeilaufen und einige in das Geschäft reinkommen. Die Aufgabe der (Online)Unternehmer ist aus dem Interessenten einen Kunden zu machen. Das ist in beiden Welten, online wie offline eine Kunst. Um das Bild mit dem Schaufenster nochmal zu benutzen, je interessanter und nützlicher die Onlinepräsenz eines Unternehmens ist desto mehr Interessenten kommen vorbei; Platz eins im Googelranking ist wie ein Geschäft in Toplage.

Fachportale

Jede Woche bekomme ich Werbeanrufe von Internetportalen, ohne die ich angeblich nicht leben kann. Die Vertriebsmannschaften von 11880, GaLaBau.org und co. sind sehr daran interessiert, möglichst viele Betriebe auf ihre Plattformen zu bekommen. Diese Entwicklung ist noch recht jung aber auf keinen Fall zu vernachlässigen. Die Seiten von Handwerkersuchmaschinen werden professionell von Agenturen betrieben, verfügen über Wissen im Onlinemarketing und finanzielle Mittel und diese im Markt voranzubringen. Schon jetzt dominieren bei Suchbegriffen rund um Garten die Websiten, die sich bewusst mit SEO beschäftigen und die entsprechenden Optimierungen laufend durchführen.

Wir als Garten Janzen, haben schon einige Kunden über oben genannte Anbieter bekommen und werden uns das weiter genau anschauen. Unserer Erfahrung nach, handelt es sich bei Kunden, die über ein Vergleichsportal kommen um Kunden die technisch affin, preisbewusst und wechsel bereit sind.

Fazit

Hier müssen wir Gärtner noch viel von Googels und Amazons lernen. Gärtner werden langfristig nur erfolgreich, wenn sie über ihren Blumentopfrand schauen und die digitalen Themen ernst nehmen.

Nicht jede GaLaBau Firma muss einen CTO einstellen, aber der Zugang zum digitalen Wissen entscheidet, ob die Firma in Zukunft bestehen wird. Dabei ist es egal, ob die Expertise extern oder intern gestellt wird.